Montag, 31. Dezember 2012

Geeshie Wiley - Last Kind Words Blues

Es war eine Radiosendung. John Jeremiah Sullivan wurde mit seinem Buch "Pulphead" vorgestellt. Sullivan hat in seinem Buch die Einzigartigkeit und Besonderheit dieses Songs hervorgehoben. Um zu überprüfen, ob er richtig liegt, wurde er sogleich gespielt.
Dann hörte ich den "Last Kind Words Blues" von Geeshie Wiley. Ich war ergriffen und glotzte vor mich hin. Dieser Blues greift sich richtig an. Es knistert die Tonaufnahme, du verstehst den Text nicht wirklich, es ist irgendwie traurig.


Und dann taucht dieser Gedanke auf, dass es der beste Blues-Song ist, den du je gehört hast...und das sagt jetzt einmal noch gar nichts. Denn, Blues in dieser reinen, puren Form, schlechte Aufnahme, knisternd, auf einer 78er Schellack, gehört nicht gerade zu meiner bevorzugten Musik.

Ich schätze Blues nur im Elektrogitarren plus Verstärker Milieu, wie den "Roadhouse Blues" von den Doors, direkt aus dem Munde Jim Morrison´s:

Jim Morrison von den Doors


"...Well, I woke up this morning, I got myself a beer

Well, I woke up this morning, and I got myself a beer

The future's uncertain, and the end is always near..."



Ja, hier geht das Herz auf, aber:

Diese Zeile (Well, I woke up this morning, I got myself a beer) ist eigentlich von Alice Cooper, und Robby Krieger spielt gar nicht das Gitarrensolo, sondern ein Label-Gitarrist von Elektra mit Namen Lonnie Mack, der auf der Platte als Bassist angegeben wurde, um Robby Krieger nicht zu kompromitieren. Alter Fuchs!





Jedenfalls mußte ich mir sofort "Pulphead" von John Jeremiah Sullivan besorgen. In der Geschichte um den "Last Kind Words Blues" tauchen die Plattensammler und ihre unorthodoxen Methoden im Auffinden der begehrten Schellaks auf. Diesen Sammlern - durchgehend männlich und weiß - ist es zu verdanken, dass viele Platten aus der Zeit "Before the Blues" zusammengetragen und restauriert wurden. Die Geschichte einer Schellak, die von einem Flohmarkt erworben wurde und sich in der prallen Sonne "...wie eine Suppenschüssel" aufgebogen hatte und vom Sammler zwischen zwei Glasplatten, wiederum in der Sonne, in Form gebracht wurde, und somit der Nachwelt als einziges Zeugnis eines Musikers erhalten blieb, bringt den positiven Effekt dieser mit "Oral History" angereicherten Sammlerfreunde auf den Punkt.
Die unsympathische Seite zeigt sich im Falle Robert Johnson´s. Hier fand ein Sammler die Halbschwester von Johnson und sicherte sich gleich alle Verwertungsrechte.

Robert Johnson mit Tschik


Robert Johnson mit ohne Tschik auf einer Briefmarke der USA











Minimale Unterschiede im Arrangement, nur dem Connaisseur zugänglich, zeichnen die Entwicklung und möglichen Einflüße im Blues nach. Auch hier wird gecovert auf Teufel komm raus. Von einer Kennerschaft weit entfernt, gestehe ich, dass für mich die Unterschiede im Sub-Sub-Bereich meiner Wahrnehmung liegen. Für mich käut der Blues ein immergleiches Schema wieder und wieder.

Wie auch immer. Geeshie Wiley nimmt im März 1930 in Grafton, Wisconsin, bei Paramount Records eine Platte auf. Die Lieder heißen: Last Kind Word Blues und Skinny Leg Blues. Mit dabei, als zweite Gitarristin, ist Elvie Thomas.
Von Geeshie Wiley ist so gut wie nichts bekannt. Alles was es von ihr gibt sind Vermutungen. Möglicherweise arbeitete sie in einer Medicine Show. Könnte sein, dass sie aus Natchez, Mississipi, kommt. Immerhin, denn über Elvie Tomas gibt es nicht einmal Vermutungen.

The last kind word I heard my daddy say
Lord the last kind word I heard my daddy say
If I die, if I die in the German War
I want you to send my body, send it to my mother-in-law
If I get killed, if I get killed, please don't bury my soul
I (p'fer) just leave me out, let the buzzards eat me whole

Beruhigt stellte ich nebenbei fest, dass es auch für "native speakers" nicht immer klar ist, was hier überhaupt gesungen wird. Passagen werden hier mit "mögliche Interpretation" oder "nicht gesicherte Übertragung" beschrieben.

Mein Freund Tony ist ein Blues-Freund seit ich ihn kenne. Immer wieder ist er bemüht mir den Blues schmackhaft zu machen. Mit geringem Erfolg. Ein Reunion-Treffen von "Universe of Hybris", vorige Woche, sollte mir dazu dienen, mit Wiley aufzutrumpfen.
Die Wiedersehensfreude war aber so groß, dass ich erst nach einigen Bieren die Sprache auf mein Blues-Erlebnis lenken konnte. Zu spät. Nachdem ich großmäulig den "größten Blues-Song ever" ankündigte, fiel mir weder der Name von Geeshie Wiley ein, noch der Titel. Ich kramte in der breiigen Gehirnmasse herum und kam auf die absurdesten Namen: "Weegie Twiley", "Weelie Geeshie", naja, und so weiter. Neue Erkenntnis: Alkohol ist auch nicht nur gut.
Ich kratzte die Kurve mit der Ankündigung, dass ich sie in unserem Blog vorstellen werde und auch den Song bereitstelle. Tony spielte auch gleich aus seinem Blues-Repertoire wunderbare Blueses von Zeppelin, Stones und Gallagher. Natürlich war auch Robert Johnson dabei.

So, und hier der "Last Kind Word Blues":

 Last Kind Words Blues by Geeshie Wiley on Grooveshark





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