Montag, 31. Dezember 2012

Mit Danger Mouse´s Rome in die Welt der Italo-Western

 Mouse spielte dieses Album mit Daniel Luppi in einem römischen Studio von Ennio Morricone ein. Unterstützt wurden sie von Musikern, die an den Soundtracks für die Italo-Western beteiligt waren. Verwendet wurde ausschließlich Vintage-Equipment, also Analog-Zeugs. Die Arbeit an dem Album dauerte 5 Jahre. Beim Hören von "Rome" tauchst du unweigerlich in die Welt der Italo-Western ab.  Mit dabei ist Norah Jones und Jack White. Schon beim Intro: "Theme of Rome" wachsen dir dunkle Schweißflecken in den Achselhöhlen und der ewige "Drei-Tages-Bart".

Danger Mouse & Daniel Luppi - Rome
Der Italo-Western hat in der Welt von Universe of Hybris einen hohen Stellenwert. Allein dadurch, dass er dem Western-Genre einen harten Schlag versetzte, weil er alle moralischen Parameter aushebelte und für ihn ein Sub-Genre eingerichtet werden mußte. 




Vulgär, trivial, aufdringliche Filmmusik, explizite Gewalt, Blut, Dreck, Nihilismus, krasse Bildmontagen. Der Italo-Western räumte auf mit einem tradierten Wertesystem und holt uns ab in der Phantasie die "...Dinge selbst regeln zu können!". Kein Mitleid, keine Gnade! Silence stirbt, weil er Prinzipien hat. Sergio Corbucci´s Meisterwerk: Leichen pflastern seinen Weg. Leone´s Dollar-Trilogie, Django, Keoma, Ringo, Sabata, Sartana, Once upon a time in the west, usw.

Der Western hat wieder Saison. Nach den Coen-Brüder mit "True Grit" zieht auch Quentin Tarantino mit "Django Unchained" nach. Bei Tarantino fragt man sich eh, warum er mit einem Spaghetti-Western so lange warten ließ. Sind doch seine bisherigen Filme mit Anleihen vollgeräumt. Auf alle Fälle kommt Freude auf, soll doch dieser Film 3 Stunden dauern.

Also, wie sagt Keoma so schön: "Die Welt ist schlecht!"

Und hier ein wunderschöner Song aus Rome:

 Season's Trees (feat. Norah Jones) by Danger Mouse & Daniele Luppi on Grooveshark



Geeshie Wiley - Last Kind Words Blues

Es war eine Radiosendung. John Jeremiah Sullivan wurde mit seinem Buch "Pulphead" vorgestellt. Sullivan hat in seinem Buch die Einzigartigkeit und Besonderheit dieses Songs hervorgehoben. Um zu überprüfen, ob er richtig liegt, wurde er sogleich gespielt.
Dann hörte ich den "Last Kind Words Blues" von Geeshie Wiley. Ich war ergriffen und glotzte vor mich hin. Dieser Blues greift sich richtig an. Es knistert die Tonaufnahme, du verstehst den Text nicht wirklich, es ist irgendwie traurig.


Und dann taucht dieser Gedanke auf, dass es der beste Blues-Song ist, den du je gehört hast...und das sagt jetzt einmal noch gar nichts. Denn, Blues in dieser reinen, puren Form, schlechte Aufnahme, knisternd, auf einer 78er Schellack, gehört nicht gerade zu meiner bevorzugten Musik.

Ich schätze Blues nur im Elektrogitarren plus Verstärker Milieu, wie den "Roadhouse Blues" von den Doors, direkt aus dem Munde Jim Morrison´s:

Jim Morrison von den Doors


"...Well, I woke up this morning, I got myself a beer

Well, I woke up this morning, and I got myself a beer

The future's uncertain, and the end is always near..."



Ja, hier geht das Herz auf, aber:

Diese Zeile (Well, I woke up this morning, I got myself a beer) ist eigentlich von Alice Cooper, und Robby Krieger spielt gar nicht das Gitarrensolo, sondern ein Label-Gitarrist von Elektra mit Namen Lonnie Mack, der auf der Platte als Bassist angegeben wurde, um Robby Krieger nicht zu kompromitieren. Alter Fuchs!





Jedenfalls mußte ich mir sofort "Pulphead" von John Jeremiah Sullivan besorgen. In der Geschichte um den "Last Kind Words Blues" tauchen die Plattensammler und ihre unorthodoxen Methoden im Auffinden der begehrten Schellaks auf. Diesen Sammlern - durchgehend männlich und weiß - ist es zu verdanken, dass viele Platten aus der Zeit "Before the Blues" zusammengetragen und restauriert wurden. Die Geschichte einer Schellak, die von einem Flohmarkt erworben wurde und sich in der prallen Sonne "...wie eine Suppenschüssel" aufgebogen hatte und vom Sammler zwischen zwei Glasplatten, wiederum in der Sonne, in Form gebracht wurde, und somit der Nachwelt als einziges Zeugnis eines Musikers erhalten blieb, bringt den positiven Effekt dieser mit "Oral History" angereicherten Sammlerfreunde auf den Punkt.
Die unsympathische Seite zeigt sich im Falle Robert Johnson´s. Hier fand ein Sammler die Halbschwester von Johnson und sicherte sich gleich alle Verwertungsrechte.

Robert Johnson mit Tschik


Robert Johnson mit ohne Tschik auf einer Briefmarke der USA











Minimale Unterschiede im Arrangement, nur dem Connaisseur zugänglich, zeichnen die Entwicklung und möglichen Einflüße im Blues nach. Auch hier wird gecovert auf Teufel komm raus. Von einer Kennerschaft weit entfernt, gestehe ich, dass für mich die Unterschiede im Sub-Sub-Bereich meiner Wahrnehmung liegen. Für mich käut der Blues ein immergleiches Schema wieder und wieder.

Wie auch immer. Geeshie Wiley nimmt im März 1930 in Grafton, Wisconsin, bei Paramount Records eine Platte auf. Die Lieder heißen: Last Kind Word Blues und Skinny Leg Blues. Mit dabei, als zweite Gitarristin, ist Elvie Thomas.
Von Geeshie Wiley ist so gut wie nichts bekannt. Alles was es von ihr gibt sind Vermutungen. Möglicherweise arbeitete sie in einer Medicine Show. Könnte sein, dass sie aus Natchez, Mississipi, kommt. Immerhin, denn über Elvie Tomas gibt es nicht einmal Vermutungen.

The last kind word I heard my daddy say
Lord the last kind word I heard my daddy say
If I die, if I die in the German War
I want you to send my body, send it to my mother-in-law
If I get killed, if I get killed, please don't bury my soul
I (p'fer) just leave me out, let the buzzards eat me whole

Beruhigt stellte ich nebenbei fest, dass es auch für "native speakers" nicht immer klar ist, was hier überhaupt gesungen wird. Passagen werden hier mit "mögliche Interpretation" oder "nicht gesicherte Übertragung" beschrieben.

Mein Freund Tony ist ein Blues-Freund seit ich ihn kenne. Immer wieder ist er bemüht mir den Blues schmackhaft zu machen. Mit geringem Erfolg. Ein Reunion-Treffen von "Universe of Hybris", vorige Woche, sollte mir dazu dienen, mit Wiley aufzutrumpfen.
Die Wiedersehensfreude war aber so groß, dass ich erst nach einigen Bieren die Sprache auf mein Blues-Erlebnis lenken konnte. Zu spät. Nachdem ich großmäulig den "größten Blues-Song ever" ankündigte, fiel mir weder der Name von Geeshie Wiley ein, noch der Titel. Ich kramte in der breiigen Gehirnmasse herum und kam auf die absurdesten Namen: "Weegie Twiley", "Weelie Geeshie", naja, und so weiter. Neue Erkenntnis: Alkohol ist auch nicht nur gut.
Ich kratzte die Kurve mit der Ankündigung, dass ich sie in unserem Blog vorstellen werde und auch den Song bereitstelle. Tony spielte auch gleich aus seinem Blues-Repertoire wunderbare Blueses von Zeppelin, Stones und Gallagher. Natürlich war auch Robert Johnson dabei.

So, und hier der "Last Kind Word Blues":

 Last Kind Words Blues by Geeshie Wiley on Grooveshark





Dienstag, 25. Dezember 2012

Landing on a Hundred - Cody ChesnuTT

In letzter Zeit grüble ich oft über den Begriff des Zufalls. Zufällig tauchen Namen oder Begebenheiten auf, die in meinem solipsistischen Weltbild eine plötzliche Rolle spielen und die ich mindestens unter "bemerkenswert" einordne. Die Dauer des "Bemerkens" variiert aber außerordentlich. Ich vermute, dass ein gesundes Gehirn die Spannung des "Bemerkens" über einen größeren Zeitraum aufrecht halten kann, als es mir selbst möglich ist. Die analytische Strenge dieser Selbstbeobachtung rechtfertigt auch den bitteren Schlag gegen meinen Selbstwert, der, nebenbei erwähnt, echte Nehmerqualitäten aufweisen muß.
Also, nachdem meine Aufmerksamkeit für den Zeitraum eines Augenblicks ausgerichtet ist, passiert es öfters, dass mir manches ein zweites Mal zufällt. So, als würde mir jemand zu verstehen geben wollen, dass es sich hierbei um etwas von Bedeutung handle.
Zugegeben, bei mir funktionierts.

Es war letzte Woche, als ich mit einem lieben Freund unterwegs war. Wir waren auf dem Weg zu einem Treffen, dass vage mit vorweihnachtlichen Punschtrinken beschrieben wurde.
Wie sich rasch herausstellte, verbarg sich unter diesem unschuldigen Aufhänger, die von Hegel beschriebene List des Weltgeistes, welcher den Weg zu einer der stimmungsvollen Punschhütten versperrte und uns zu einem Wirtn und einer unglaublichen  Anzahl von Krügeln verführte.

War es auf dem Weg dorthin, der sechs U-Bahnstationen inkludierte, war es direkt beim Wirtn, oder auf dem Weg nach Hause? Genau dass, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls erwähnte mein Freund einen wunderbaren Soulsong, den er im Radio hörte. Er wisse nicht von wem er war, noch wie er hieß, nur das er unglaublich gut war. Er wusste auch noch die Uhrzeit: "...so ungefähr vor elf Uhr." Den Tag registrierte ich unter "vor kurzem". Den Sender vermutete ich als "FM4".
Nach dieser Nacht, dem schweren Schädel und den vielen Gesprächen, fiel mir genau diese kleine Geschichte wieder ein.
Über den Trackservice von FM4 wurde ich bald fündig und war bass erstaunt: Cody ChesnuTT


In den lauen Novembertagen stieß ich auf das Album "Cody ChesnuTT - Landing on a Hundred".



Seither höre ich das Album fast täglich. Die Soul-Entdeckung des Jahres! Im Wissen, dass mein Freund ein leidenschaftlicher Freund des Soulgenres ist, wollte ich ihm an diesem Abend davon erzählen. Nur, es kam nicht dazu.

Der Zufall hatte mir die beiläufige Geschichte merken lassen. Zufällig war es auch der Name den ich selbst nennen wollte. Und? Was sagt uns das?

Vor kurzem las ich die CD-Vorstellung in der F.A.Z. , die sehr ausführlich das Werk hervorhebt. Zwei Fragen sind für mich noch offen. Wer die Antwort weiß, sollte es als Kommentar posten: Warum schreibt sich ChesnuTT mit zwei großen T´s? Und warum trägt er diesen unglaublichen coolen Helm?

 That's Still Mama by Cody ChesnuTT on Grooveshark

Don't Go the Other Way by Cody ChesnuTT on Grooveshark

Sonntag, 9. Dezember 2012

We took the wrong step years ago - Hawkwind

Fock! Hat sich ganz schön runtergekühlt. Zeit für die warme Stube und Zeit für etwas Regeneration. Das Zweitausendzwölfer-Jahr legte ja wieder einiges bereit, von dem zu zehren sein wird. Noch ist es nicht zu Ende, daher keine Bilanz, sondern Vorschläge für die Flat´s und Soundsysteme in euren Höhlen, wenn draußen der Huschi-Wind heult.

 

Beginnen wir mit einem Album einer Gruppe die laut WP als "...Begründer des sogenannten Space Rock, einer psychedelischen Spielart des Hard Rock" gelten. Tony, der sich in letzter Zeit etwas rar macht, und ich, konnten diese Space-Rockers leider nur mehr sehr eingeschränkt bestaunen. Eigentlich sahen wir sie nur beim Abendessen vor ihrem Auftritt, da wir viel zu früh zu ihrem Konzert kamen. Möglicherweise waren es auch nur ihre Roadies. Uns blieb vor allem ein zahnloser Kerl in Erinnerung, der das Bild des runtergekommenen, alkoholkranken Rock´n Roll Endstadiums in uns einlagerte. Es könnte Dave Brock gewesen sein; wir hoffen es. Jedenfalls war bei ihrem tatsächlichen  Auftritt kein Mensch zu sehen. Im Halbdunkel türmten sich Verstärker und elektronischer Schnick-Schnack auf der Bühne. Die Musik begann und endete als hätte jemand die Anlage ein-und ausgeschaltet.
 

Die musikalische Umrahmung der Elektrogeräteschau brachte aber trotzdem Bewegung in das Publikum. Alle Geräte waren nur auf einen einzigen Effekt eingeschworen: Laut! Noch heute bin ich überrascht, wie effizient die Maschinen arbeiteten. Innerhalb weniger Minuten leerte sich der Raum vor der Bühne vollständig. Alle drängten sich an den Seiten der Halle, wo auch der Getränkeausschank war. Wurden Gruppen oder Paare auseinandergerissen, winkten sie sich zu, nur wenige wagten den Durchstieg durch die Lärmwand auf die andere Seite.
 

In den 70iger Jahren waren sie größer als Pink Floyd. Ihre Konzerte legendär. Ihr allergrößter Erfolg wurde die "Silver Machine" aus dem Jahr ´72.  Wie schnell dieser Song einschlug, zeigt der schlaue James Last, der bereits 1973 seine Version auf der Platte "Non Stop Dancing 1973" herausbrachte.

Ian Kilmister, genannt Lemmy, sang das Lied im Studio ein, da Robert Calvert´s Stimme klang, als würde "...Captain Kirk `Blowing in the wind´ vorlesen", wie Lemmy meinte. Ian "Lemmy" Kilmister trat erst 1972 in die Band als Bassgitarrist ein. 1975 musste er sie nach einem Drogenbesitzverfahren in Kanada wieder verlassen. 
Er gründete seine eigene Gruppe "Motörhead". Eine Eigenheit seiner Bühnenpräsenz ist, dass er das Mikrofon immer etwas zu hoch ansetzte. Bei Gesangseinlagen muss er den Kopf dann anheben. Es ist ein "...Relikt aus den Anfangstagen seiner Band, als sie nur wenige Zuschauer hatten und er so das Elend im Publikum nicht mitansehen musste".

 

  Und jetzt, im Jahr 2012, kommt  eine TV-Werbung für ein Auto und ich höre den wunderbaren Anfang von "Master of the Universe". Hawkwind sind wieder da! Erstaunlicherweise behauptet sich dieser Songsplitter gegenüber den geschniegelten Bildern ( muskulöser Turmspringer steigt auf den Turm..., usw. ). So, als könne dieser räudige, ungehobelte, vorsintflutliche Sound nur in homöopathischen Dosen eingenommen werden. 
"Master of the Universe" ist auf dem Album "XIn Search of Space" aus dem Jahr 1971. Im Jahre 1996 wurde dieses Album remastered und drei Bonus-Tracks kamen dazu. Einer davon ist die "Silver Machine".

Chick "Guilty" Confusion schreibt in sein Tagebuch:
Hawkwind schossen sich vor vier Jahrzehnten hinaus in den Orbit. Ihr Selbstbau-Raumschiff schlingerte mit atemberaubenden Manövern planlos durch die Sphären. Durch das Cockpitfenster erkenne ich lachende, langhaarige, verwilderte Raumfahrerrabauken, die, volltrunken und von Drogen benebelt, auf allen Hebeln und Knöpfen der Armaturen spielen.
Im Jahr 2012 nach Christi Geburt streift ihre "Tin Can" wieder meine Gefielde. Ihr Brennstoff ist alle, sie sind nun einer gnadenlosen Natur ausgeliefert, die sie in ihrer Umlaufbahn gefangen hält.



Ein unscheinbares Liedchen auf dem Album kommt nun daher wie der Weisheit letzte Schluss:
 "We took the wrong step years ago"



Nun erreicht mich gerade die Nachricht, dass Huw Lloyd Langton, Gitarrist von Hawkwind und Gründungsmitglied, am 6.12.2012 verstarb.


Spielt auf, Proleten der Raumfahrt:



We Took the Wrong Step Years Ago by Hawkwind on Grooveshark

Dienstag, 28. August 2012

Bela Tarr

Im Mai gab der ungarische Regisseur Bela Tarr bekannt, dass sein Filmstudio TT Filmmuhely  geschlossen wird. Ein absehbares Ereignis, dass seinen Anfang mit einem Interview im Tagesspiegel im Rahmen Berlinale 2011 hatte.
Bela Tarr äußerte sich darin kritisch ( ...die müssen weg! ) über die Kunst- und Kulturpolitik der nationalkonservativen Regierung Orban. Als er sich dann von diesem Interview distanzieren wollte, ahnten viele ( ...wahrscheinlich zu recht ), welcher Druck dort vorherrscht.
Ein EU-Mitgliedstaat schränkt die Pressefreiheit durch ihre Medienbehörde massiv ein. Nach den öffentlich-rechtlichen Medien kontrolliert sie auch die privaten TV- und Rundfunkanstalten sowie Zeitungen und Internet. Alles was nicht konform geht, wird perfide abgedreht. Bei  Filmemachern, Kinos und Filmfestivals reicht es die Fördergelder zu streichen. Argumentiert wird mit "Einsparungen bei der Durchforstung alter sozialistischer Förderpolitik".

Bela Tarr übernimmt die Fackel von Andrej Tarkowskij und schafft es zum "...langsamsten Regisseur der Welt." Er selbst nennt zwar Rainer Werner Fassbinder als großes Vorbild, aber die Nähe zu Tarkowskij ist unübersehbar.

Bela Tarr begann mit Spielfilmen im dokumentarischen Stil der "Budapester Schule" ,  bei "Családi tüzfészek (Family Nest)" oder "Panelkapcsolat (The Prefab People)". Beide Filme absolut sehenswert. In "The Prefab People" surrt die Kamera, damit erhöht Tarr den Dokumentationscharakter und schafft eine beklemmende Nähe.






1985 entstand "Öszi Almanach (Herbstalmanach)". Völlig neuer Tarr. Einfluss von Fassbinder/Tarkowskij nimmt Formen an. Tarr experimentiert in diesem Film mit Farben und Kameraperspektiven. Sowieso empfehlenswert!

"Kárhozat (Damnation)" erscheint 1988. Schwarz/Weiß, lange Plansequenzen, Wastelands (in diesem Fall ein Bergbaugebiet), Ausgeliefertheit, Bela Tarr hat seine Sprache gefunden.  Übrigens ein Lieblingsfilm von Susan Sontag.

7 Stunden und 12 Minuten dauert der 1994 fertiggestellte "Satantango (Satan´s Tango)". Der Untergang einer Kolchose beginnt mit einer unglaublichlichen Kamerafahrt die dich in den Film  richtig reinzieht. Hier sind wir bei einem Meisterwerk der Filmgeschichte angelangt.























Im Jahr 2000 überprüft Bela Tarr was von den Werten, für die Europa immer stand, noch übrig ist: "Werckmeister harmóniák (Werckmeister Harmonies).











"A londoni Ferfi (The Man from London)" war 2007 fertig für die Festivals. Eine Geschichte
 von George Simenon.





















Sein letzter Film "A torinói ló (The Turin Horse)" von 2011, ist wirklich sein letzter. Er habe alles gesagt und werde keine Filme mehr machen. Was passierte mit dem Pferd, welches Nietsche, nachdem der Kutscher es schlug, schluchzend umarmte. Bela Tarr suchte das Pferd.





















Nun gut, diese Filme sollten gesehen werden. Schön wäre es, wenn wir das gemeinsam machen könnten.

Hier noch ein Kurzfilm von Bela Tarr: "Prologue" aus dem Jahr 2004.










Montag, 27. August 2012

Karl Kraus – aber richtig!?


Die letzten Tage der Menschlichkeit, eine Adaption von Karl Kraus‘ Klassiker im Waldviertel. Am idyllischen Herrensee wurde dieses Stück bis gestern (26.8.) über den Sommer aufgeführt.
Große Presse, hohe Erwartungen und „der Joker“ Franz-Ferdinand Kratzl als Conférencier dieser Szenencollage.
Gleich zu Beginn wird das Publikum in einem Vorraum empfangen und nach einer clever inszenierten Polizeiaktion („Sie sind in Sicherheit!“) in den Vorstellungsraum geführt. Die Bühne - ein langer Steg - und rechts und links davon etwas erhöht die Tribünen.
So weit, so gut. Erste Szene. Ein Begräbnis. Dann geht’s los. Ein buntes Potpouri halblustiger, sehr belehrender, oft pathetischer und zumeist politisch korrekt vorgetragener Sketche und Szenen, die mich an Kabarettabende erinnern. So wird die Aufzählung von Menschenrechtsverletzungen und Kindersterblichkeitsstatistiken von einem offenbar „Verrückten“  einem Ärztekongress an die Köpfe geworfen, der selbstverständlich zynisch abgehoben jede Schuld von sich weist. Holzhammermethode. Dann wieder eine an Kraus erinnernde Szene aus dem 12. Weltkrieg und schließlich wird als Höhepunkt und Abschluss mit Fanfaren und Engelsgesängen die Menschlichkeit, die eben noch den Armen und Hilflosen Hoffnung spendete, zu Grabe getragen; - hier schließt sich der Kreis.
Das war mir dann doch zu dick gestrichen! 
Insezeniert von Zeno Stanek und Christian Qualtinger. Letzterer ist der Sohn des großen Helmut, ihm fehlt jedoch in dieser Aufbereitung noch viel vom Scharfblick und der Ironie seine Vaters.
Das Gerüst, Bühnenbild und Inszenierung ist gelungen, die textliche Bearbeitung nicht so recht, trotz einiger gelungener Bonmots. So hab' ich das gesehen - durch die hybris-Brille!



Freitag, 24. August 2012

The reasons for my life are in a million faces ...


Sitze am Schreibtisch. Der Ventilator versorgt mich mit suggerierter Kühle an einem ansonst sehr heißen Tag.
Im Hintergrund spielt das Radio, also genauer gesagt, der livestream aus dem Internet. Ich versuche mehr oder weniger lustlos, meine Arbeiten für den Herbst vorzubereiten.
Und dann werde ich abrupt aus meiner Lethargie gerissen. Eine Stimme, weiblich, hell, soulig und saugut. Ich drück die „lauter“-Taste auf meiner Tastatur und lasse mich die verbleibenden drei Minuten überraschen, um dann irritiert feststellen zu müssen, dass mir Minnie Riperton auf meinen jahrzehntelangen musikalischen Wanderungen schlichtweg entgangen ist. (Soulman ulan müsste sie kennen!?) 

Doch es ist ja nicht zu spät!
Für Minnie leider schon; sie starb bereits 1979 an den Folgen einer Krebserkrankung.
Schön anzuhören ist sie immer noch; - und die Alben gibt’s auch noch.
Remember Minnie Julia Riperton, (* 8. November 1947, † 12. Juli 1979)





Donnerstag, 23. August 2012

It's been a long, long time coming but I know a change gonna come

Chick übt Druck aus. Bedingungen der Arbeitswelt auch im hybris-Raum.

Aber wie hat der kluge Peda schon gesagt, „Mir san do ka Enklave des Kommunismus!“ … und recht hatte er. Na gut!

It’s been a long time coming. Wie wahr! Vier Monate seit den letzten hybris-blog-Aktivitäten.

Wo anknüpfen? Chick letzter Eintrag nahm bezug auf die „Euro-Finanzkrise“. Oskar Negt spricht in einem Gespräch im philosophischen Radio von der „Geld-Metaphysik“ und meint sinngemäß, wir haben keine ökonomische sondern eine Krise der Kulturbedeutung des Geldes und des Kapitals. Die Wertschöpfung wird aus der Gesellschaft ausgelagert und ist eine Sphäre der Spekulation und des Missbrauchs geworden.

Das Geld hatte bislang einen Realbezug, den es verloren hat.
Die Form der Geldverwendung dient nicht mehr dazu, Innovationen zustande zu bringen oder Produktionsprozesse anzuregen. Geld ist nicht mehr an die Realitäten der Wirtschaft angekoppelt.

Negt fragt weiter, wer hat den Rating-Agenturen die Macht gegeben? In diesem Zusammenhang interessant eine aktuelle Pressemeldung:
„Die Urteile von Bonitätswächtern seien nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, befindet eine US-Richterin. Vielmehr handele es sich um "faktenbasierte Meinungen" - und die sind in einem Schadenersatzprozess plötzlich justiziabel.“
Na immerhin, bisher haben sich die Agents immer schön rauslaviert mit der Argumentation:  Bonitätsurteile seien nichts weiter als Meinungsäußerungen - und deshalb von der US-Verfassung gedeckt.
Lang hat’s gedauert, bis die Omnipotenz der Ratingagenturen in Frage gestellt wurde. Gut so!

In dieser Welt geht es wohl auch darum, Sicherheiten zu erhalten. Also Unsicherheitsabsorption. Aber das ist, insbesondere im Kontext politischer Verhaltens- und Haltungsstrategien wohl mehr eine Phantasmagorie, die der letzte Wutbürger zu durschauen scheint. Frage ist, was sind die Konsequenzen dieser Erkenntnis. Piratenpartei, Stronach, Wutbürgerei oder was? ... will be continued 


Beim letzten hybris-Treffen taten die Protagonisten überraschend einen gr0ßen Schritt zurück. Zuerst der kühl-distanziert-spröde Bojangles von Dylan. Doch die hybris-Jungs wollten's authentischer, emotionaler und größer. Das bekamen sie. 
So stießen sie in (bisher) hybris-fernere Gefilde vor. Dennoch oder trotzdem ein großes Vergnügen, die alten Entertainer bei der Arbeit zu sehen. Rat pack mit Sammy Davis Jr., Frank Sinatra und mit Glas und Tschick – Dean Martin. Hat schon was, in einer politisch korrekten Fernsehöffentlichkeit sowas zu sehen.

Zum weinen schön, der Bojangles von Sammy Davis. Da sangen sie, die hybris-Burschen aus voller Kehle. 

He said I dance now at every chance in honky tonks
For my drinks and tips
But most the time I spend behind these county bars
"Ya see son, I... I drinks a bit"
Then he shook his hair
Lord, when he shook his hair
I could swear I heard someone say please
Mr. Bojangles
Oh Mr. Bojangles
Mr. Bojangles
Come back and dance
Dance
Dance
Dance
Please dance





... und weil's so schön ist, hier noch alle 3 rats. Witz, Charme, Souveränität, wo gibt's das heute noch. ... so spricht der auch schon in die Jahre gekommene Tony. Was soll's, gut allemal!









Freitag, 6. April 2012

auch mal wieder da ( Reprise )

Mächtige Analyse, Tony. Gratulation! "Unsicherheitsabsorbtion" als gewordenes Paradigma, denke da bist du nahe dran. Doch: Es wird verlangt und ...es wird gegeben. Die, die verlangen sind die doppelt Gschödn ( Geschälten ). Immer schon angewiesen auf die Gunst der Mächtigen, sind sie durch deren "Herrichten" noch mitschuldig an der Misere und bezahlen auch gleich noch die Rechnung. Als Sicherheit bekommen sie "Unsicherheitsabsorbtion", nämlich: Keine Veränderung der Verhältnisse!

Um überhaupt eine Änderung der Verhältnisse zu fordern, müßte man die Verhältnisse kennen.
Die "vollständige intellektuelle Beherrschung" der "produktiven Tätigkeit", wahrscheinlich die einzige Möglichkeit sich aus dem Druck der Verhältnisse zu lösen, ist heute nur mehr im Angebot eines therapeutischen Settings zu haben, als Material steht Ton, Speckstein, Holz und Peddigrohr zur Verfügung.

Als Folge davon läuft, wie Ulan im "Hybris-Chamber" schon bemerkte, ein Prozess der Remythologisierung. Die scheinbar undurchdringlichen komplexen Zusammenhänge, durch die Globalisierung auch räumlich unüberschaubar, verleiten zu einer religiösen Verehrung der Märkte: "Der Markt verlangt..., die Märkte fordern...".




Schau mir einiges schon jahrzehntelang an, muß mich dann 2012 damit auseinandersetzen, dass Österreich mit der Schweiz ein bilaterales Abkommen abschließen will, in dem der Schweiz ( Banken ) weiterhin die Möglichkeit eingeräumt wird, Vermögen, dass in einem Land erwirtschaftet wird, dort steuerfrei zu parken. Dadurch torpediert es eine wirksamere gemeinsame EU-Linie.
Welche Interessen werden mit diesem Vertrag vertreten? So undurchdringlich und geheimnisvoll sind die Zusammenhänge auch wieder nicht.
Nun gut.

Apropos Mythenbildung. Um den Zumutungen des Alltags mit relativ geringen Beschädigungen zu begegnen, wird zur regelmäßigen Pflege der Seele geraten. Chick empfiehlt die Pflegeserie aus dem Hause Burial:

NYC by Burial on Grooveshark




Mittwoch, 28. März 2012

auch mal wieder da


Tja ein verwaister blog, zwei von den der Erwerbsarbeit getriebene hybris-Jünger und der Wahnsinn der Normalität (vgl. Gruen, Arno: Der Wahnsinn der Normalität: Realismus als Krankheit: eine Theorie der menschlichen Destruktivität.)
Der Tony, der ja in seinen frühen 20er Jahren noch liberalen Wirtschaftsideen nachhing, ist trotz politischer Wendungen und zahlreicher Erstaunungen doch auch immer konservativ geblieben. Auch wenn sich Zuschreibungen längst auch in ihr Gegenteil verkehrt haben, so bleibt der Fortschrittszweifel Tonys bestehen.

Der bei der letzten hybris-Zusammenkunft diskutierte Paradigmenwechsel hat, von Tony in Zweifel gezogen, wohl doch stattgefunden. Stellt sich die Frage, ob angesichts der sich ständig wandelnden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Veränderungen noch von Paradigmen gesprochen werden kann. Oder haben sich nicht vielmehr auf vorwiegend ökonomische Vorgaben ausgerichtete Verhältnisse eingerichtet, die natürlich einem Muster folgen, dabei aber die paradigmentypischen Reliefs nicht mehr erkennbar sind?  Unsicherheitsabsorption ist somit zum Paradigma geworden. In allen Lebensbereichen muss absorbiert, kompensiert und erduldet werden.

Duldung als Grundhaltung und Voraussetzung für Resilenz, also die Widerstandsfähigkeit oder Elastizität, die ein Überleben in der westlichen Zivilisation oft auch zur Bedingung hat.
Womit wir wieder da wären, wo hybris schon immer war. Beim Überleben in dieser Welt. Unterschiedliche, wechselhaft erfolgreiche Strategien wurden eingeübt, erprobt, für gut befunden und wieder verworfen. Oft gar nicht so bewußt wahrgenommen haben die hybris Burschen über die Jahre jedoch auch Patina angesetzt. Na ja, auch kein Wunder nach all den Jahren!
Na ja, daneben gibt’s ja noch die vielen Möglichkeiten und Varianten der sozialen Erweiterungen.
Und das Wirtshaus war ja auch immer schon Hort der Genesung für die hybris-Besatzung.

„Oida, du woast gestan a scho do!”  “Na.” “Oja, durt bist gesessn! Des waaß i!” “- donn wor ich do.”

Freitag, 13. Januar 2012

Remember Nic Jones

Es gab einmal einen begabten englischen Folk-Sänger und Gitarristen, der in den Siebziger Jahren erfolgreich  Alben veröffentlichte. Sein schönstes ist wohl Penguin eggs aus dem Jahr 1980. Zwei Jahre später hatte er einen furchtbaren Autounfall, der ihn in Folge schwer beeinträchtigte und eine weitere Karriere als Musiker unmöglich machte. Erst 28 Jahre später stand er wieder auf der Bühne.

Deutschlandradio Kultur würdigte Jones in einem Feature und der gute Tony durfte nach vielen Jahren der Vergessenheit in Erinnerung und Melancholie schwelgen, - war er doch ein junger Bursch und träumte von der großen weiten Welt in jenen Tagen.

Freunde, lasst uns darauf trinken!


Nic Jones - The little pot stove

Wutbürger, Vanilla Fudge und das Joch der Arbeit


Düringer hat natürlich recht, Ausbildung statt Bildung, kluge kontrollierte Finanzpolitik statt vorauseilend bedingungsloser Gehorsam gegenüber der Rating-Agenturen, die zunehmend das Maß aller Dinge zu sein scheinen. Irgendwie hat es sich durchgesetzt, dass Staaten wie Wirtschaftsbetriebe zu agieren haben. Hat mir der alte Kreisky anders beigebracht. Na ja, stimmt schon, da hat sich was verändert in den letzten 30 Jahren. Dennoch  seltsam, wenn diese obskuren Rating-Agenturen über Glück und Weh von Staaten befinden. Seltsam der Umstand, dass wohl alles dem Diktat der (Finanz-)wirtschaft unterworfen wird.
Düringer hat natürlich auch recht, wenn er mokiert dass wir (Nicht-Kaberettisten) im Hamsterrad der Erwerbsarbeit stecken. Das ist keine neue Erkenntnis. Neu ist jedoch der Umstand, dass Gefühle ohne verbindliche Tradition und Gesinnung kollektiv artikuliert werden. Dennoch kann der gute Tony den Vortrag Düringers nur im Zusammenhang kaberettistischer Darbietung deuten. Das ist auch gut so! Die Reaktionen lassen eher darauf schließen, dass tatsächlich vielen der Bezug zu den politisch Handelnden abhanden gekommen ist und die Unsicherheitsabsorptionsstrategien nicht wirklich funktionieren. Die Kaste der Usurpatoren (nicht zuletzt von den Wutbürgern zumindest lange Zeit gebilligt) agieren scheinbar schrankenlos und unabhängig von einer beunruhigten Mehrheit, die zunehmend angefressen sind. Dies zuletzt auch deshalb, weil die Orientierung verloren wurde und die Unsicherheitsabsorbtion nur unzureichend funktioniert.
Schön waren da die Zeiten, in denen man sich mittels Vanilla Fudge und anderen Freunden der psychodelischen Musik der oft faden Wirklichkeit entziehen konnte.
Diesen Eintrag schließlich fertigzustellen hat 2 Wochen gedauert. Warum? Weil der Moloch der Erwerbsarbeit den armen Tony beinahe in die Knie zwang.
Dazwischen lag ein schönes Wiedersehenstreffen mit Ben „the brain“ in der hybris-Klause. Ein kurzweiliger Abend, der Chicks Neigung zum Außersinnlichen wieder einmal zum Thema hatte. Warum’s die 5 Weisen oder sonstiger Figuren aus dem Reich der Metapysik braucht, um uns anzuleiten oder Ezzes zu geben, bleibt noch offen. Aber auch die letzten Unbelehrbaren werden zur Einsicht gelangen! – Warten wir’s ab! 

    Chick, Tony & Ben, Neujahrstreffen der hybris-Jungs am 5.1.2012