Dienstag, 28. August 2012

Bela Tarr

Im Mai gab der ungarische Regisseur Bela Tarr bekannt, dass sein Filmstudio TT Filmmuhely  geschlossen wird. Ein absehbares Ereignis, dass seinen Anfang mit einem Interview im Tagesspiegel im Rahmen Berlinale 2011 hatte.
Bela Tarr äußerte sich darin kritisch ( ...die müssen weg! ) über die Kunst- und Kulturpolitik der nationalkonservativen Regierung Orban. Als er sich dann von diesem Interview distanzieren wollte, ahnten viele ( ...wahrscheinlich zu recht ), welcher Druck dort vorherrscht.
Ein EU-Mitgliedstaat schränkt die Pressefreiheit durch ihre Medienbehörde massiv ein. Nach den öffentlich-rechtlichen Medien kontrolliert sie auch die privaten TV- und Rundfunkanstalten sowie Zeitungen und Internet. Alles was nicht konform geht, wird perfide abgedreht. Bei  Filmemachern, Kinos und Filmfestivals reicht es die Fördergelder zu streichen. Argumentiert wird mit "Einsparungen bei der Durchforstung alter sozialistischer Förderpolitik".

Bela Tarr übernimmt die Fackel von Andrej Tarkowskij und schafft es zum "...langsamsten Regisseur der Welt." Er selbst nennt zwar Rainer Werner Fassbinder als großes Vorbild, aber die Nähe zu Tarkowskij ist unübersehbar.

Bela Tarr begann mit Spielfilmen im dokumentarischen Stil der "Budapester Schule" ,  bei "Családi tüzfészek (Family Nest)" oder "Panelkapcsolat (The Prefab People)". Beide Filme absolut sehenswert. In "The Prefab People" surrt die Kamera, damit erhöht Tarr den Dokumentationscharakter und schafft eine beklemmende Nähe.






1985 entstand "Öszi Almanach (Herbstalmanach)". Völlig neuer Tarr. Einfluss von Fassbinder/Tarkowskij nimmt Formen an. Tarr experimentiert in diesem Film mit Farben und Kameraperspektiven. Sowieso empfehlenswert!

"Kárhozat (Damnation)" erscheint 1988. Schwarz/Weiß, lange Plansequenzen, Wastelands (in diesem Fall ein Bergbaugebiet), Ausgeliefertheit, Bela Tarr hat seine Sprache gefunden.  Übrigens ein Lieblingsfilm von Susan Sontag.

7 Stunden und 12 Minuten dauert der 1994 fertiggestellte "Satantango (Satan´s Tango)". Der Untergang einer Kolchose beginnt mit einer unglaublichlichen Kamerafahrt die dich in den Film  richtig reinzieht. Hier sind wir bei einem Meisterwerk der Filmgeschichte angelangt.























Im Jahr 2000 überprüft Bela Tarr was von den Werten, für die Europa immer stand, noch übrig ist: "Werckmeister harmóniák (Werckmeister Harmonies).











"A londoni Ferfi (The Man from London)" war 2007 fertig für die Festivals. Eine Geschichte
 von George Simenon.





















Sein letzter Film "A torinói ló (The Turin Horse)" von 2011, ist wirklich sein letzter. Er habe alles gesagt und werde keine Filme mehr machen. Was passierte mit dem Pferd, welches Nietsche, nachdem der Kutscher es schlug, schluchzend umarmte. Bela Tarr suchte das Pferd.





















Nun gut, diese Filme sollten gesehen werden. Schön wäre es, wenn wir das gemeinsam machen könnten.

Hier noch ein Kurzfilm von Bela Tarr: "Prologue" aus dem Jahr 2004.










Montag, 27. August 2012

Karl Kraus – aber richtig!?


Die letzten Tage der Menschlichkeit, eine Adaption von Karl Kraus‘ Klassiker im Waldviertel. Am idyllischen Herrensee wurde dieses Stück bis gestern (26.8.) über den Sommer aufgeführt.
Große Presse, hohe Erwartungen und „der Joker“ Franz-Ferdinand Kratzl als Conférencier dieser Szenencollage.
Gleich zu Beginn wird das Publikum in einem Vorraum empfangen und nach einer clever inszenierten Polizeiaktion („Sie sind in Sicherheit!“) in den Vorstellungsraum geführt. Die Bühne - ein langer Steg - und rechts und links davon etwas erhöht die Tribünen.
So weit, so gut. Erste Szene. Ein Begräbnis. Dann geht’s los. Ein buntes Potpouri halblustiger, sehr belehrender, oft pathetischer und zumeist politisch korrekt vorgetragener Sketche und Szenen, die mich an Kabarettabende erinnern. So wird die Aufzählung von Menschenrechtsverletzungen und Kindersterblichkeitsstatistiken von einem offenbar „Verrückten“  einem Ärztekongress an die Köpfe geworfen, der selbstverständlich zynisch abgehoben jede Schuld von sich weist. Holzhammermethode. Dann wieder eine an Kraus erinnernde Szene aus dem 12. Weltkrieg und schließlich wird als Höhepunkt und Abschluss mit Fanfaren und Engelsgesängen die Menschlichkeit, die eben noch den Armen und Hilflosen Hoffnung spendete, zu Grabe getragen; - hier schließt sich der Kreis.
Das war mir dann doch zu dick gestrichen! 
Insezeniert von Zeno Stanek und Christian Qualtinger. Letzterer ist der Sohn des großen Helmut, ihm fehlt jedoch in dieser Aufbereitung noch viel vom Scharfblick und der Ironie seine Vaters.
Das Gerüst, Bühnenbild und Inszenierung ist gelungen, die textliche Bearbeitung nicht so recht, trotz einiger gelungener Bonmots. So hab' ich das gesehen - durch die hybris-Brille!



Freitag, 24. August 2012

The reasons for my life are in a million faces ...


Sitze am Schreibtisch. Der Ventilator versorgt mich mit suggerierter Kühle an einem ansonst sehr heißen Tag.
Im Hintergrund spielt das Radio, also genauer gesagt, der livestream aus dem Internet. Ich versuche mehr oder weniger lustlos, meine Arbeiten für den Herbst vorzubereiten.
Und dann werde ich abrupt aus meiner Lethargie gerissen. Eine Stimme, weiblich, hell, soulig und saugut. Ich drück die „lauter“-Taste auf meiner Tastatur und lasse mich die verbleibenden drei Minuten überraschen, um dann irritiert feststellen zu müssen, dass mir Minnie Riperton auf meinen jahrzehntelangen musikalischen Wanderungen schlichtweg entgangen ist. (Soulman ulan müsste sie kennen!?) 

Doch es ist ja nicht zu spät!
Für Minnie leider schon; sie starb bereits 1979 an den Folgen einer Krebserkrankung.
Schön anzuhören ist sie immer noch; - und die Alben gibt’s auch noch.
Remember Minnie Julia Riperton, (* 8. November 1947, † 12. Juli 1979)





Donnerstag, 23. August 2012

It's been a long, long time coming but I know a change gonna come

Chick übt Druck aus. Bedingungen der Arbeitswelt auch im hybris-Raum.

Aber wie hat der kluge Peda schon gesagt, „Mir san do ka Enklave des Kommunismus!“ … und recht hatte er. Na gut!

It’s been a long time coming. Wie wahr! Vier Monate seit den letzten hybris-blog-Aktivitäten.

Wo anknüpfen? Chick letzter Eintrag nahm bezug auf die „Euro-Finanzkrise“. Oskar Negt spricht in einem Gespräch im philosophischen Radio von der „Geld-Metaphysik“ und meint sinngemäß, wir haben keine ökonomische sondern eine Krise der Kulturbedeutung des Geldes und des Kapitals. Die Wertschöpfung wird aus der Gesellschaft ausgelagert und ist eine Sphäre der Spekulation und des Missbrauchs geworden.

Das Geld hatte bislang einen Realbezug, den es verloren hat.
Die Form der Geldverwendung dient nicht mehr dazu, Innovationen zustande zu bringen oder Produktionsprozesse anzuregen. Geld ist nicht mehr an die Realitäten der Wirtschaft angekoppelt.

Negt fragt weiter, wer hat den Rating-Agenturen die Macht gegeben? In diesem Zusammenhang interessant eine aktuelle Pressemeldung:
„Die Urteile von Bonitätswächtern seien nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, befindet eine US-Richterin. Vielmehr handele es sich um "faktenbasierte Meinungen" - und die sind in einem Schadenersatzprozess plötzlich justiziabel.“
Na immerhin, bisher haben sich die Agents immer schön rauslaviert mit der Argumentation:  Bonitätsurteile seien nichts weiter als Meinungsäußerungen - und deshalb von der US-Verfassung gedeckt.
Lang hat’s gedauert, bis die Omnipotenz der Ratingagenturen in Frage gestellt wurde. Gut so!

In dieser Welt geht es wohl auch darum, Sicherheiten zu erhalten. Also Unsicherheitsabsorption. Aber das ist, insbesondere im Kontext politischer Verhaltens- und Haltungsstrategien wohl mehr eine Phantasmagorie, die der letzte Wutbürger zu durschauen scheint. Frage ist, was sind die Konsequenzen dieser Erkenntnis. Piratenpartei, Stronach, Wutbürgerei oder was? ... will be continued 


Beim letzten hybris-Treffen taten die Protagonisten überraschend einen gr0ßen Schritt zurück. Zuerst der kühl-distanziert-spröde Bojangles von Dylan. Doch die hybris-Jungs wollten's authentischer, emotionaler und größer. Das bekamen sie. 
So stießen sie in (bisher) hybris-fernere Gefilde vor. Dennoch oder trotzdem ein großes Vergnügen, die alten Entertainer bei der Arbeit zu sehen. Rat pack mit Sammy Davis Jr., Frank Sinatra und mit Glas und Tschick – Dean Martin. Hat schon was, in einer politisch korrekten Fernsehöffentlichkeit sowas zu sehen.

Zum weinen schön, der Bojangles von Sammy Davis. Da sangen sie, die hybris-Burschen aus voller Kehle. 

He said I dance now at every chance in honky tonks
For my drinks and tips
But most the time I spend behind these county bars
"Ya see son, I... I drinks a bit"
Then he shook his hair
Lord, when he shook his hair
I could swear I heard someone say please
Mr. Bojangles
Oh Mr. Bojangles
Mr. Bojangles
Come back and dance
Dance
Dance
Dance
Please dance





... und weil's so schön ist, hier noch alle 3 rats. Witz, Charme, Souveränität, wo gibt's das heute noch. ... so spricht der auch schon in die Jahre gekommene Tony. Was soll's, gut allemal!