Montag, 31. Dezember 2012

Mit Danger Mouse´s Rome in die Welt der Italo-Western

 Mouse spielte dieses Album mit Daniel Luppi in einem römischen Studio von Ennio Morricone ein. Unterstützt wurden sie von Musikern, die an den Soundtracks für die Italo-Western beteiligt waren. Verwendet wurde ausschließlich Vintage-Equipment, also Analog-Zeugs. Die Arbeit an dem Album dauerte 5 Jahre. Beim Hören von "Rome" tauchst du unweigerlich in die Welt der Italo-Western ab.  Mit dabei ist Norah Jones und Jack White. Schon beim Intro: "Theme of Rome" wachsen dir dunkle Schweißflecken in den Achselhöhlen und der ewige "Drei-Tages-Bart".

Danger Mouse & Daniel Luppi - Rome
Der Italo-Western hat in der Welt von Universe of Hybris einen hohen Stellenwert. Allein dadurch, dass er dem Western-Genre einen harten Schlag versetzte, weil er alle moralischen Parameter aushebelte und für ihn ein Sub-Genre eingerichtet werden mußte. 




Vulgär, trivial, aufdringliche Filmmusik, explizite Gewalt, Blut, Dreck, Nihilismus, krasse Bildmontagen. Der Italo-Western räumte auf mit einem tradierten Wertesystem und holt uns ab in der Phantasie die "...Dinge selbst regeln zu können!". Kein Mitleid, keine Gnade! Silence stirbt, weil er Prinzipien hat. Sergio Corbucci´s Meisterwerk: Leichen pflastern seinen Weg. Leone´s Dollar-Trilogie, Django, Keoma, Ringo, Sabata, Sartana, Once upon a time in the west, usw.

Der Western hat wieder Saison. Nach den Coen-Brüder mit "True Grit" zieht auch Quentin Tarantino mit "Django Unchained" nach. Bei Tarantino fragt man sich eh, warum er mit einem Spaghetti-Western so lange warten ließ. Sind doch seine bisherigen Filme mit Anleihen vollgeräumt. Auf alle Fälle kommt Freude auf, soll doch dieser Film 3 Stunden dauern.

Also, wie sagt Keoma so schön: "Die Welt ist schlecht!"

Und hier ein wunderschöner Song aus Rome:

 Season's Trees (feat. Norah Jones) by Danger Mouse & Daniele Luppi on Grooveshark



Geeshie Wiley - Last Kind Words Blues

Es war eine Radiosendung. John Jeremiah Sullivan wurde mit seinem Buch "Pulphead" vorgestellt. Sullivan hat in seinem Buch die Einzigartigkeit und Besonderheit dieses Songs hervorgehoben. Um zu überprüfen, ob er richtig liegt, wurde er sogleich gespielt.
Dann hörte ich den "Last Kind Words Blues" von Geeshie Wiley. Ich war ergriffen und glotzte vor mich hin. Dieser Blues greift sich richtig an. Es knistert die Tonaufnahme, du verstehst den Text nicht wirklich, es ist irgendwie traurig.


Und dann taucht dieser Gedanke auf, dass es der beste Blues-Song ist, den du je gehört hast...und das sagt jetzt einmal noch gar nichts. Denn, Blues in dieser reinen, puren Form, schlechte Aufnahme, knisternd, auf einer 78er Schellack, gehört nicht gerade zu meiner bevorzugten Musik.

Ich schätze Blues nur im Elektrogitarren plus Verstärker Milieu, wie den "Roadhouse Blues" von den Doors, direkt aus dem Munde Jim Morrison´s:

Jim Morrison von den Doors


"...Well, I woke up this morning, I got myself a beer

Well, I woke up this morning, and I got myself a beer

The future's uncertain, and the end is always near..."



Ja, hier geht das Herz auf, aber:

Diese Zeile (Well, I woke up this morning, I got myself a beer) ist eigentlich von Alice Cooper, und Robby Krieger spielt gar nicht das Gitarrensolo, sondern ein Label-Gitarrist von Elektra mit Namen Lonnie Mack, der auf der Platte als Bassist angegeben wurde, um Robby Krieger nicht zu kompromitieren. Alter Fuchs!





Jedenfalls mußte ich mir sofort "Pulphead" von John Jeremiah Sullivan besorgen. In der Geschichte um den "Last Kind Words Blues" tauchen die Plattensammler und ihre unorthodoxen Methoden im Auffinden der begehrten Schellaks auf. Diesen Sammlern - durchgehend männlich und weiß - ist es zu verdanken, dass viele Platten aus der Zeit "Before the Blues" zusammengetragen und restauriert wurden. Die Geschichte einer Schellak, die von einem Flohmarkt erworben wurde und sich in der prallen Sonne "...wie eine Suppenschüssel" aufgebogen hatte und vom Sammler zwischen zwei Glasplatten, wiederum in der Sonne, in Form gebracht wurde, und somit der Nachwelt als einziges Zeugnis eines Musikers erhalten blieb, bringt den positiven Effekt dieser mit "Oral History" angereicherten Sammlerfreunde auf den Punkt.
Die unsympathische Seite zeigt sich im Falle Robert Johnson´s. Hier fand ein Sammler die Halbschwester von Johnson und sicherte sich gleich alle Verwertungsrechte.

Robert Johnson mit Tschik


Robert Johnson mit ohne Tschik auf einer Briefmarke der USA











Minimale Unterschiede im Arrangement, nur dem Connaisseur zugänglich, zeichnen die Entwicklung und möglichen Einflüße im Blues nach. Auch hier wird gecovert auf Teufel komm raus. Von einer Kennerschaft weit entfernt, gestehe ich, dass für mich die Unterschiede im Sub-Sub-Bereich meiner Wahrnehmung liegen. Für mich käut der Blues ein immergleiches Schema wieder und wieder.

Wie auch immer. Geeshie Wiley nimmt im März 1930 in Grafton, Wisconsin, bei Paramount Records eine Platte auf. Die Lieder heißen: Last Kind Word Blues und Skinny Leg Blues. Mit dabei, als zweite Gitarristin, ist Elvie Thomas.
Von Geeshie Wiley ist so gut wie nichts bekannt. Alles was es von ihr gibt sind Vermutungen. Möglicherweise arbeitete sie in einer Medicine Show. Könnte sein, dass sie aus Natchez, Mississipi, kommt. Immerhin, denn über Elvie Tomas gibt es nicht einmal Vermutungen.

The last kind word I heard my daddy say
Lord the last kind word I heard my daddy say
If I die, if I die in the German War
I want you to send my body, send it to my mother-in-law
If I get killed, if I get killed, please don't bury my soul
I (p'fer) just leave me out, let the buzzards eat me whole

Beruhigt stellte ich nebenbei fest, dass es auch für "native speakers" nicht immer klar ist, was hier überhaupt gesungen wird. Passagen werden hier mit "mögliche Interpretation" oder "nicht gesicherte Übertragung" beschrieben.

Mein Freund Tony ist ein Blues-Freund seit ich ihn kenne. Immer wieder ist er bemüht mir den Blues schmackhaft zu machen. Mit geringem Erfolg. Ein Reunion-Treffen von "Universe of Hybris", vorige Woche, sollte mir dazu dienen, mit Wiley aufzutrumpfen.
Die Wiedersehensfreude war aber so groß, dass ich erst nach einigen Bieren die Sprache auf mein Blues-Erlebnis lenken konnte. Zu spät. Nachdem ich großmäulig den "größten Blues-Song ever" ankündigte, fiel mir weder der Name von Geeshie Wiley ein, noch der Titel. Ich kramte in der breiigen Gehirnmasse herum und kam auf die absurdesten Namen: "Weegie Twiley", "Weelie Geeshie", naja, und so weiter. Neue Erkenntnis: Alkohol ist auch nicht nur gut.
Ich kratzte die Kurve mit der Ankündigung, dass ich sie in unserem Blog vorstellen werde und auch den Song bereitstelle. Tony spielte auch gleich aus seinem Blues-Repertoire wunderbare Blueses von Zeppelin, Stones und Gallagher. Natürlich war auch Robert Johnson dabei.

So, und hier der "Last Kind Word Blues":

 Last Kind Words Blues by Geeshie Wiley on Grooveshark





Dienstag, 25. Dezember 2012

Landing on a Hundred - Cody ChesnuTT

In letzter Zeit grüble ich oft über den Begriff des Zufalls. Zufällig tauchen Namen oder Begebenheiten auf, die in meinem solipsistischen Weltbild eine plötzliche Rolle spielen und die ich mindestens unter "bemerkenswert" einordne. Die Dauer des "Bemerkens" variiert aber außerordentlich. Ich vermute, dass ein gesundes Gehirn die Spannung des "Bemerkens" über einen größeren Zeitraum aufrecht halten kann, als es mir selbst möglich ist. Die analytische Strenge dieser Selbstbeobachtung rechtfertigt auch den bitteren Schlag gegen meinen Selbstwert, der, nebenbei erwähnt, echte Nehmerqualitäten aufweisen muß.
Also, nachdem meine Aufmerksamkeit für den Zeitraum eines Augenblicks ausgerichtet ist, passiert es öfters, dass mir manches ein zweites Mal zufällt. So, als würde mir jemand zu verstehen geben wollen, dass es sich hierbei um etwas von Bedeutung handle.
Zugegeben, bei mir funktionierts.

Es war letzte Woche, als ich mit einem lieben Freund unterwegs war. Wir waren auf dem Weg zu einem Treffen, dass vage mit vorweihnachtlichen Punschtrinken beschrieben wurde.
Wie sich rasch herausstellte, verbarg sich unter diesem unschuldigen Aufhänger, die von Hegel beschriebene List des Weltgeistes, welcher den Weg zu einer der stimmungsvollen Punschhütten versperrte und uns zu einem Wirtn und einer unglaublichen  Anzahl von Krügeln verführte.

War es auf dem Weg dorthin, der sechs U-Bahnstationen inkludierte, war es direkt beim Wirtn, oder auf dem Weg nach Hause? Genau dass, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls erwähnte mein Freund einen wunderbaren Soulsong, den er im Radio hörte. Er wisse nicht von wem er war, noch wie er hieß, nur das er unglaublich gut war. Er wusste auch noch die Uhrzeit: "...so ungefähr vor elf Uhr." Den Tag registrierte ich unter "vor kurzem". Den Sender vermutete ich als "FM4".
Nach dieser Nacht, dem schweren Schädel und den vielen Gesprächen, fiel mir genau diese kleine Geschichte wieder ein.
Über den Trackservice von FM4 wurde ich bald fündig und war bass erstaunt: Cody ChesnuTT


In den lauen Novembertagen stieß ich auf das Album "Cody ChesnuTT - Landing on a Hundred".



Seither höre ich das Album fast täglich. Die Soul-Entdeckung des Jahres! Im Wissen, dass mein Freund ein leidenschaftlicher Freund des Soulgenres ist, wollte ich ihm an diesem Abend davon erzählen. Nur, es kam nicht dazu.

Der Zufall hatte mir die beiläufige Geschichte merken lassen. Zufällig war es auch der Name den ich selbst nennen wollte. Und? Was sagt uns das?

Vor kurzem las ich die CD-Vorstellung in der F.A.Z. , die sehr ausführlich das Werk hervorhebt. Zwei Fragen sind für mich noch offen. Wer die Antwort weiß, sollte es als Kommentar posten: Warum schreibt sich ChesnuTT mit zwei großen T´s? Und warum trägt er diesen unglaublichen coolen Helm?

 That's Still Mama by Cody ChesnuTT on Grooveshark

Don't Go the Other Way by Cody ChesnuTT on Grooveshark

Sonntag, 9. Dezember 2012

We took the wrong step years ago - Hawkwind

Fock! Hat sich ganz schön runtergekühlt. Zeit für die warme Stube und Zeit für etwas Regeneration. Das Zweitausendzwölfer-Jahr legte ja wieder einiges bereit, von dem zu zehren sein wird. Noch ist es nicht zu Ende, daher keine Bilanz, sondern Vorschläge für die Flat´s und Soundsysteme in euren Höhlen, wenn draußen der Huschi-Wind heult.

 

Beginnen wir mit einem Album einer Gruppe die laut WP als "...Begründer des sogenannten Space Rock, einer psychedelischen Spielart des Hard Rock" gelten. Tony, der sich in letzter Zeit etwas rar macht, und ich, konnten diese Space-Rockers leider nur mehr sehr eingeschränkt bestaunen. Eigentlich sahen wir sie nur beim Abendessen vor ihrem Auftritt, da wir viel zu früh zu ihrem Konzert kamen. Möglicherweise waren es auch nur ihre Roadies. Uns blieb vor allem ein zahnloser Kerl in Erinnerung, der das Bild des runtergekommenen, alkoholkranken Rock´n Roll Endstadiums in uns einlagerte. Es könnte Dave Brock gewesen sein; wir hoffen es. Jedenfalls war bei ihrem tatsächlichen  Auftritt kein Mensch zu sehen. Im Halbdunkel türmten sich Verstärker und elektronischer Schnick-Schnack auf der Bühne. Die Musik begann und endete als hätte jemand die Anlage ein-und ausgeschaltet.
 

Die musikalische Umrahmung der Elektrogeräteschau brachte aber trotzdem Bewegung in das Publikum. Alle Geräte waren nur auf einen einzigen Effekt eingeschworen: Laut! Noch heute bin ich überrascht, wie effizient die Maschinen arbeiteten. Innerhalb weniger Minuten leerte sich der Raum vor der Bühne vollständig. Alle drängten sich an den Seiten der Halle, wo auch der Getränkeausschank war. Wurden Gruppen oder Paare auseinandergerissen, winkten sie sich zu, nur wenige wagten den Durchstieg durch die Lärmwand auf die andere Seite.
 

In den 70iger Jahren waren sie größer als Pink Floyd. Ihre Konzerte legendär. Ihr allergrößter Erfolg wurde die "Silver Machine" aus dem Jahr ´72.  Wie schnell dieser Song einschlug, zeigt der schlaue James Last, der bereits 1973 seine Version auf der Platte "Non Stop Dancing 1973" herausbrachte.

Ian Kilmister, genannt Lemmy, sang das Lied im Studio ein, da Robert Calvert´s Stimme klang, als würde "...Captain Kirk `Blowing in the wind´ vorlesen", wie Lemmy meinte. Ian "Lemmy" Kilmister trat erst 1972 in die Band als Bassgitarrist ein. 1975 musste er sie nach einem Drogenbesitzverfahren in Kanada wieder verlassen. 
Er gründete seine eigene Gruppe "Motörhead". Eine Eigenheit seiner Bühnenpräsenz ist, dass er das Mikrofon immer etwas zu hoch ansetzte. Bei Gesangseinlagen muss er den Kopf dann anheben. Es ist ein "...Relikt aus den Anfangstagen seiner Band, als sie nur wenige Zuschauer hatten und er so das Elend im Publikum nicht mitansehen musste".

 

  Und jetzt, im Jahr 2012, kommt  eine TV-Werbung für ein Auto und ich höre den wunderbaren Anfang von "Master of the Universe". Hawkwind sind wieder da! Erstaunlicherweise behauptet sich dieser Songsplitter gegenüber den geschniegelten Bildern ( muskulöser Turmspringer steigt auf den Turm..., usw. ). So, als könne dieser räudige, ungehobelte, vorsintflutliche Sound nur in homöopathischen Dosen eingenommen werden. 
"Master of the Universe" ist auf dem Album "XIn Search of Space" aus dem Jahr 1971. Im Jahre 1996 wurde dieses Album remastered und drei Bonus-Tracks kamen dazu. Einer davon ist die "Silver Machine".

Chick "Guilty" Confusion schreibt in sein Tagebuch:
Hawkwind schossen sich vor vier Jahrzehnten hinaus in den Orbit. Ihr Selbstbau-Raumschiff schlingerte mit atemberaubenden Manövern planlos durch die Sphären. Durch das Cockpitfenster erkenne ich lachende, langhaarige, verwilderte Raumfahrerrabauken, die, volltrunken und von Drogen benebelt, auf allen Hebeln und Knöpfen der Armaturen spielen.
Im Jahr 2012 nach Christi Geburt streift ihre "Tin Can" wieder meine Gefielde. Ihr Brennstoff ist alle, sie sind nun einer gnadenlosen Natur ausgeliefert, die sie in ihrer Umlaufbahn gefangen hält.



Ein unscheinbares Liedchen auf dem Album kommt nun daher wie der Weisheit letzte Schluss:
 "We took the wrong step years ago"



Nun erreicht mich gerade die Nachricht, dass Huw Lloyd Langton, Gitarrist von Hawkwind und Gründungsmitglied, am 6.12.2012 verstarb.


Spielt auf, Proleten der Raumfahrt:



We Took the Wrong Step Years Ago by Hawkwind on Grooveshark